Geschichte von Schwendreut

Schwendreuts letzter Zeuge

von Dr. Peter Dillinger und Arnold Schnalzer

Zum Schicksal des Dorfes Schwendreut und seiner Kapelle – zusammengestellt anlässlich der Kapellensanierung 1997

Grußwort


Auf Grund einer beispielhaften Gemeinschaftsleistung ist es binnen weniger Monate gelungen, die „Waldkapelle Schwendreut“ nicht nur vor einer „Verpflanzung“ ins Freilichtmuseum Finsterau zu bewahren, sondern sie im neuen Glanz erstahlen zu lassen.

Die Kapelle ist wieder das geworden, was sie für ehemalige Bewohner der Ortschaft Schwendreut und viele Wanderer immer war: ein Kleinod von besonderer Qualität.

Leider musste die etwa gleichaltrige Linde, ebenfalls ein Wahrzeichen des einstigen Dorfes, aus Sicherheitsgründen noch vor der Einweihung gefällt werden. Ersatzpflanzungen sollen diesen schwerwiegenden Eingriff etwas mildern.

Allen, die jetzt zu dieser Renaissance beigetragen haben, in welcher Weise auch immer, gilt unser herzlicher Dank und unsere Anerkennung.

Wir hoffen dass sich die Kapelle sehr lange im jetzigen Zustand präsentieren kann und ihrer Bestimmung entsprechend ein Ort zum andächtigen Verweilen, zum Besinnen, zum Rückzug aus dem Alltag, zum Kraft- und zum Mutschöpfen bleiben wird.

Im Namen der Gemeinde, Kirche und des Kapellenvereins grüßen wir alle Besucher der Einweihung auf das Herzlichste.

Hinterschmiding/Herzogsreut, 28. September 1997

Heinrich Lenz, 1. Bgm.

Josef Huber, Pfarrer

Eduard Schwarz, 1. Vors. Kapellenverein

Anlass der Kapellenrenovierung


Gewohnte und vertraute Dinge nimmt man mit der Zeit immer weniger bewusst war. Jahrzehntelang trotzte die Schwendreuter Kapelle auf ihrer windumbrausten Waldwiese am Westhang des Haidel Witterung und Wetterunbill, war beschauliche Andachtsstätte und beliebter Rastpunkt für Wanderer. Während der Sommermonate des Jahres ’96 jedoch wurden die Dörfler rund um den Haidel durch die Nachricht erregt, die Kapelle sollte aufgrund ihres schlechten Zustandes und um ihrer Erhaltung willen in absehbarer Zeit ins Freilichtmuseum Finsterau verbracht werden. Um eine solche, übers Ziel hinausschießende Maßnahme zu verhindern, wurde die Gründung eines Kapellenbauvereins mit der Vorstellung einer Sanierung von Kapelle und Umgriff ins Auge gefasst, denn schier unüberwindlich stellten sich anfangs die Finanzprognosen entsprechender Fachleute dar.

Am 9. Nov. 96 wurde der Kapellenverein Schwendreut im Rahmen einer konstituierenden Zusammenkunft im Gasthaus „Zur Alten Post“ in Herzogsreut schließlich aus der Taufe gehoben, indem spontan 55 Anwesende ihren Beitritt erklärten. Von der Versammlung wurden zunächst folgende Vorstandsmitglieder gewählt: Eduard Schwarz aus Schlichtenberg (1.Vorstand), Bernhard Knon, Herzogsreut (2. Vorstand), Kurt Maurer, Herzogsreut (Schriftführer und Organisator), Arnold Schnelzer, Obergrainet (Kassenführer). Als Beisitzer fungieren Bgm. Heinrich Lenz, Hinterschmiding, Pfarrer Josef Huber, Hinterschmiding, Josef Madl, Herzogsreut. Hans Reichenberger, Fürholz, Hans Zellner, Schlichtenberg. Karl Szautner, Hinterschmiding, Maria Krumenacker, Herzogsreut, Lothar Pongratz, Rothbachau und Dr. Peter Dillinger, Hinterschmiding.

Es erfolgte die Eintragung ins Vereinsregister. Die Mitgliederzahlen entwickelten sich recht erfreulich, so belief sich der Stand am 7.8.97 bereits auf 145 Personen und Organisationen. Weitere Mitglieder sind natürlich herzlich willkommen; Interessenten wenden sich bitte an Vertreter der Vorstandschaft oder speziell an Herrn Kurt Maurer aus Herzogsreut, Postanschrift: Hauptstr. 27 94146 Hinterschmiding. Jahresbeitrag DM 10.–; Spendenbescheinigungen werden a. W. gerne ausgestellt. Spendenkonto bei der Raiffeisenbank Grainet: Konto 34398, BLZ: 74069744

Laut Satzung verfolgt der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Pflege und Erhaltung der Schwendreuter Kapelle. Kümmern will sich der Verein auch um das Kapellenumfeld, damit auch um die Bruder-Konrad-Kapelle im Flurbereich des ehemaligen Dorfes Schwendreut.

Maßnahmen zur Kapellensanierung


Dadurch dass wiederholte Winterrückfälle den Frühling des Jahres ’97 immer wieder in Bedrängnis brachten, konnte mit der Kapellensanierung erst Ende April begonnen werden. Nach Vorarbeiten, wie etwa der Sicherstellung von Inventar und Glocke ging es zunächst an die Demontage der maroden Schindelverkleidung. Zur Trockenlegung mussten Drainagemaßnahmen erfolgen, nachträglich ein Fundament gegraben und der Bau auf eine niedrige Grundmauer aus Feldsteinen gestellt werden.

Der gesamte Turmaufbau erwies sich als morsch und war ebenso zu erneuern, wie die tragenden Eckpfeiler des Kapellenraumes. Besondere Mühe erforderte die Rekonstruktion des Turmvorbaus mit seiner komplizierten Dachform über dem Eingangsbereich. Was den Boden betrifft, so wurden die alten Granitplatten neu verlegt und ein neu es Altarpodest geschaffen. An den Innenwänden waren die Schalung und diverse Holzlatten ausbesserungswürdig.

Mitte Mai konnte die neu gefertigte Turmkonstruktion angebracht werden und seither strahlt auch ein neues Kupferdach auf den ebenfalls völlig erneuerten Dachbalken. Während der Juniwochen dann erhielt die Kapelle eine neue Außenhaut in Form einer Lärchenverschindelung und Anfang August schließlich konnte dem Turm seine Zwiebelhaube wieder zurückgegeben werden. Aber noch waren bis zur Einweihung tausend Handgriffe nötig, wie etwa die Montage der (mittlerweile in der Gießerei Perner überholten) Glocke, der Einbau der (nun verzinkten) Innentür und der nach alter Vorlage neu gezimmerten Außentür, Einbau eines Opferstocks und Aufbringen des nun verzinkten Turmkreuzes.

Im Umkreis der Kapelle wurden mit Erlaubnis der Forstverwaltung einige Bäume gefällt, die Wurzelstöcke mühsam entfernt und der Kapellenumgriff nach Aufräumarbeiten wieder gestaltet. Leider wurden an der alten Linde neben der Kapelle, welche zusammen mit dem Bauwerk immer schon ein herrliches Ensemble bildete, schwere Schäden festgestellt, so dass Fachleute aus juristischen Gründen zur Fällung des Baumes rieten. Als „kleiner Ersatz“ dafür kann aber eine Blutbuche gelten, welche hinter der Kapelle steht und welche nun freigestellt wurde. Am 28. September schließlich wird die gelungene Außensanierung feierlich mit einem Festakt abgeschlossen werden.

Die Kapelle “in eigener Sache”


Während von manch anderem Sakralbau geschichtliche Quellen reichlich sprudeln, sind historische Dokumente, was Bau, Nutzung und Unterhalt der Schwendreuter Kapelle angeht, in den einschlägigen Archiven bislang Fehlanzeige. Einzig die in eine Bodenplatte eingemeißelte Jahreszahl 1755 signalisiert wohl das Jahr ihrer Entstehung. Nachdem Schwendreut 1618 erst durch Landzuweisung an 6 Siedler begründet worden war, kann man davon ausgehen, dass diese in den ersten Jahren bzw. Jahrzehnten wohl voll damit beschäftigt gewesen sind, Wald urbar zu machen, Land zu bestellen und das blanke Überleben zu sichern. So ist es auch gut nachvollziehbar, wenn erst Jahrzehnte später an den Bau einer Kapelle, als geistlicher Mittelpunkt des Dorfes gegangen wurde.

Seit Ortsgründung gehörten die Schwendreuter der Pfarrei Freyung an. Im Jahre 1750 wurde Grainet zur Pfarrei erhoben und dieser hat man die Schwendreuter Dörfler zugeordnet. Trotzdem war der sonntägliche Kirchgang nach Grainet hinunter immer noch mühsam und weit. Da erscheint der Ruf nach einer eigenen, kleinen Gebetsstätte im Ort durchaus verständlich, zumal das Leben seinerzeit unvergleichlich viel stärker noch als heute religiös geprägt war. Ab 1914 dann wurden die Schwendreuter Seelen und damit ja auch die Kapelle nach Herzogsreut umgepfarrt, nachdem dort seit dem Jahre 1894 eine Pfarrstelle bestand. Man hat damit wohl den Bedürfnissen der Dorfbewohner entsprochen, zumal Herzogsreut entfernungsmäßig wesentlich näher als Grainet lag.

Im Katasterblatt von 1829 erscheinen in Schwendreut 8 Häuser, interessanterweise nicht jedoch eingetragen ist die Dorfkapelle. Sie gehörte zu Haus Nr. 2 und wurde von dessen Inwohnern auch betreut. Franziska Hackl, geb. Zellner, welche jetzt in Sonndorf wohnt, erzählt, dass deren Mutter als eine der letzten Bewohnerinnen, den Dörflern noch zum Gebet geläutet hatte. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang auch die folgende, von ihr stammende Anekdote:

Bei aufziehendem Gewitter etwa, wenn bei der Ernte schnell noch jede Hand gebraucht wurde, und Kleinkinder nicht mitgenommen werden konnten, hat man sie damals – das war so Usus – zusammen mit anderen im Vorbau der Kapelle „untergebracht“ (will heißen eingesperrt), weil sie dort sicher schienen und unbeaufsichtigt „keinen Schaden anrichten konnten“, zumal der Vorraum vom Altarraum durch eine 2. Gittertür angetrennt war. Das Glockenseil habe die Mutter dann – unerreichbar für die Kinder – „höher hinauf gehängt“. Und noch eine kleine Geschichte: als 1945 die Herzogsreuter ihre Kirchenglocken abliefern mussten, weil diese zu Kriegsmaterial umgeschmolzen werden sollten, wurde ersatzweise die Glocke aus der Schwendreuter Kapelle in den Kirchturm gehängt, wo diese ihre Dienste bis 1950 tat.

Die der HI. Gottesmutter Maria gewidmete Dorfkapelle ist ein kleiner, verschindelter Holzbau mit südseitig angesetztem Turm aus 4 hölzernen Streben und barocker Zwiebelhaube. Die Innenausstattung ist schlicht, besteht im wesentlichen aus einem bemalten Altar, einem Schrein und mehreren Holztafel- und Leinwandgemälden, die allerdings noch der Restaurierung harren …

Es war einmal …

… ein Dorf namens Schwendreut


„Hier stand von 1618 bis 1957 das Dorf Schwendreut“ vermeldet ein Holzschild, welches auf einer Lichtung unweit von Herzogsreut steht, dort wo der Haidel mit einem kammartigen Ausläufer nach Westen hin abfällt, Es gibt der jüngeren Generation und den Gästen Kunde von der einstigen Siedlung Schwendreut, von deren Existenz heute nur noch die ehemalige Dorfkapelle Zeugnis gibt, Schwendreut ist heute Wüstung.

Nordwald hieß um 1200 jener waldreiche Landstrich zwischen Donau und den Grenzbergen im Norden, wo die böhmischen Gefilde anfingen, damals kaum und wohl nur in einigen klimagünstigen Tallagen besiedelt. Die urwaldartigen Wälder höher gelegener Regionen blieben lange Zeit der Kultivierung entzogen. Nach der 1. Jahrtausendwende konstituierte sich das Fürstbistum Passau, abgegrenzt zwischen dem Ilzfluß und Sagwasser im Westen, der Mühlviertler Rodel im Osten, der Donau im Süden und den Grenzbergen im Norden. Es war das Land der Abtei, in der die Passauer Fürstbischöfe neben der kirchlichen auch die weltliche Landesmacht innehatten, Da aber nur bewohntes Land sinnvoll genutzt werden konnte, war man bestrebt, die Besiedlung im Laufe der folgenden Jahrhunderte immer weiter nach Norden hin, also „waldwärts“ voranzutreiben. Im ausgehenden 12. Jahrhundert erreichte sie die Gegend von Freyung.

Salzsäumer durchzogen das Waldland, wobei der Salzhandel zur Mitte des 16. Jahrhunderts ihre absolute Blütezeit erlebte. Entlang dieser Handelswege, den sog. „Goldenen Steigen“ entstanden immer neue Siedlungen, so 1692 Philippsreut, 1699 Mauth und 1704 Finsterau.

Im 15, Jahrhundert breitete sich im bayr,-böhmischen Grenzland die Glasmacherkunst aus, begünstigt durch das Vorhandensein der nötigen Rohstoffe wie Holz (Pottasche, Feuerung) und Quarzsand. Im Gefolge einer Glashütte kam es nicht selten zu Rodungsflächen und Siedlungen. So wurde wohl Mitte des 15. Jahrhunderts auch am Haidelhang, wo später Schwendreut entstehen sollte, schon Glas hergestellt. Die Hobelsberger Hütte wechselte mehrmals ihren Standort, jeweils dann wenn die Holzreserven im Umkreis der „Hütte“ aufgebraucht waren. An welcher Stelle der Glasofen zu welcher Zeit stand, lässt sich nach Praxl aus den vorhandenen Unterlagen nicht klar ablesen,; indirekte Hinweise gibt ein urkundlich festgehaltener Konflikt (1499) zwischen der Viereckl’schen Hütte beim heutigen Heldengut und der Hobelsberger Hütte. Im Volksmund wird Schwendreut heute noch als „Glasern“ bezeichnet, was ebenfalls einen Bezug zu seiner Glashüttenvergangenheit vermuten lässt.

Von der Aschenbrandrodung zum Dorf

In das Licht der Geschichte tritt die Siedlung, als 1618 Fürstbischof Leopold I (1598 – 1625) als Landesherr die Gründung der Dörfer Herzogsreut, Leopoldsreut und Schwendreut genehmigte, letzteres mit 6 Hausstellen. Ziel der Besiedlung war wohl die Sicherung der Grenze und Unterhalt der Steige. Die Ortsbezeichnung wäre nach Auffassung von Madl vom Flurnamen „d’Schwendin“ abzuleiten, womit jene Glashütten – Aschenbrandrodung gemeint war, auf der „Glasern“, also Schwendreut entstand und welche somit schon existierte, Schwenden heißt Rodung durch Abbrand. Domdekan Marquard Freiherr von Schwendi war in Passau Bistums-Administrator ab 1620 bis 1634 und übte dort eigentlich die Regierungsgeschäfte aus. Möglicherweise hatte er, zufällig oder nicht, Einfluss auf die Benennung ob der Ähnlichkeit seines Namens mit jener Flurbezeichnung; sie hätte eine Umdeutung erlaubt, so er sich im Ortsamen einer Neugründung verewigen wollte.

Schwendreut wird – wie Madl mitteilt – in einem Kaufbrief von 1623 genannt; dieser weist auch die Namen einiger Siedler auf, 1625 – es war die Zeit des 30-jährigen Krieges – wütete die Pest auch in Schwendreut und raffte alle Dorfbewohner dahin. Dass der Ort wieder besiedelt wurde, wird letztlich auch aus aktenkundigen Streitigkeiten um Weiderechte deutlich, welche sich gegen die benachbarten, älteren Dörfer richteten. 1644 holt Fürstbischof Leopold Wilhelm (Nachfolger von Leopold I) einen Dorfrechtsbrief auch für Schwendreut nach.

Neben der Pestseuche dürften in Schwendreut aber auch Hungersnöte immer wieder ein Thema gewesen sein, denn das Getreide reifte ob der Höhenlage oft nicht aus, Die Dörfler betrieben Milchwirtschaft, bauten auch Getreide an. Laut Praxl ist ausgerechnet in Schwendreut der erste Anbau von Kartoffeln im Wolfsteiner Land nachgewiesen (1761). Der Anbau dieser Erdfrüchte hat sicherlich zur Linderung der Not – nicht nur in den Dörfer um den Haidel – beigetragen.

In einem Urbar (Aufzeichnung der Grundbesitzverhältnisse) von 1788 ist unser Dorf mit 6 Höfen, dazu 2 Kleinhäusern: einem Jäger- und einem Hirtenhaus ausgewiesen. Die Höfe hatten nach Seyfert 16 bis 26 Hektar Grundfläche. Auf einem Katasterblatt von 1829, gefertigt vom Obergeometer Grob, sind in ‘Schwendreith’ nun schon 8 Gebäude verzeichnet – nicht jedoch eingezeichnet ist die Kapelle. 1867 gab es in Schwendreut 80 Einwohner, welche sich dann immer noch jene 8 Wohngebäude teilten.

Nach der Säkularisation und damit der Auflösung des Fürstbistums Passau wurde der Landstrich ab 1806 königlich-bayrisch; Schwendreut hat man der Gemeinde Grainet zugeschlagen. Die Schulkinder mussten also dorthin in die Schule gehen und hatten somit einen 3/4-stündigen Schulweg.

Der Abstieg

Verschuldung einzelner Höfe und Besitzzerteilungen im Rahmen von Erbschaftsregulierungen führte zum Verkauf einzelner Güter. 1909 schließlich kauft der Fabrikant Anton Scheuffele aus Schwaben, Amtsgericht Ebersberg, nach und nach alle Schwendreuter Anwesen auf. Am 24. Aug. 1921 erwirbt die Bayr. Staatsforstbehörde, vertreten durch Forstmeister Otto Lehner, die Schwendreuter Liegenschaften (HsNr .1, 2, 3, 4, 5, 6, 6 1/2 und 7 und 366,18 Tagwerk Grund) von Anton Scheuffele für 600 000 Mark in Zeiten der Inflation. Die jeweiligen Inwohner waren demnach nur Pächter der Anwesen. Der Käufer hatte die Mietverhältnisse zu übernehmen. Dass auf einen Schlag gleich ein ganzes Dorf veräußert wurde, war schon etwas Besonderes.

1923 lässt der Staatsforst das Haus Nr. 7 abbrechen. 1931 kam wieder ein Gebäude dazu: wie Madl mitteilt, habe eine Frau Schummer aus Passau sich während eines Genesungsaufenthalts in Schwendreut entschlossen eine Kapelle zu stiften, welche dem Hl. Bruder Konrad gewidmet wurde. (Diese Kapelle steht heute etwas abseits der freien Wiesenfläche am Weg von Hinterschmiding her und wurde mittlerweile zweimal, 1962 und jetzt wieder, 1997, renoviert)

Am 10. Jan. 1932 äschert ein Brand das Anwesen HsNr. 1 völlig ein, wobei man Brandstiftung als Ursache vermutete. Tags darauf brennt es in Schwendreut wieder, diesmal das Pächteranwesen Nr. 6 1/2; das Feuer griff auch auf das Nachbarhaus Nr. 6 über, welches ebenfalls der Feuersbrunst zum Opfer fiel. Wieder mutmaßte man vorsätzliche Brandlegung. Am 21. Jan. 1932 kräht der „Rote Hahn“ in Schwendreut erneut, diesmal fällt das Haus Nr. 2 der Vernichtung anheim, wieder durch Brandstiftung. Als jeweilige Brandlegerin konnte schließlich ein junges Mädchen aus dem Dorf ermittelt werden, nachdem man anfangs fälschlicherweise einen „übel beleumundeten Burschen“ der Tat verdächtigt und verhaftet hatte.

Die staatliche Forstverwaltung als Besitzerin der Häuser ließ die Brandruinen nicht wieder aufbauen und begann mit der Aufforstung der dazugehörigen landwirtschaftlichen Grundflächen. Als man am Himmelfahrtstag des Jahres 1955 das 200-jährige Kapellenjubiläum feierte, appellierte Pfarrer Bauer damals noch an die Bewohner der zwei verbliebenen Häuser zu bleiben, um den Erhalt Schwendreuts zu sichern. Aber auch jene Pächter konnte nichts mehr an Ort und Stelle halten. 1956 schließlich zieht die Familie Reichenberger und im Jahr darauf auch die Familie Zellner als letzte weg. Auch diese Gebäude wurden damals abgebrochen und die Fluren 1959 aufgeforstet; übrig geblieben sind nur die beiden Kapellen und die Dorflinde. Auf der verbliebenen Rodungsfläche hat man später noch zwei Unterkunftshütten errichtet.

1968 schließlich wurde der Ortsname Schwendreut als Ortsbezeichnung aufgegeben. Dem damaligen Forstmeister Friedrich Herzinger ist es zu verdanken, dass die im Umfeld der Kapelle bereits gepflanzten Jungbäume wieder ausgerissen wurden und somit die Aussicht hinaus auf den Oberfrauenwald erhalten werden konnte. Dies verleiht der Wüstung Schwendreut als idyllischer Waldwiese mit ihrer Kapelle heute seinen besonderen Reiz und macht es nicht zuletzt zu einem beliebten Wanderziel.

Worte des Dankes


Der Kapellenverein Schwendreut möchte allen, die in irgendeiner Form, ob finanziell als Mitglied oder Spender, durch tatkräftige Mithilfe oder ideell, zum Gelingen der Restaurierungsarbeiten beigetragen haben ein herzliches Dankeschön aussprechen. Rings um den Haidel und darüber hinaus fühlen sich viele noch dem Dorf Schwendreut und seiner verbliebenen Kapelle verbunden, sei es als ehemalige Bewohner, weil sie dort ihre Wurzeln haben, aus christlicher Motivation heraus oder einfach nur, weil sie diesen Ort etwa auf Wanderungen lieben gelernt haben. Die enorme Hilfsbereitschaft hat dies eindrucksvoll unterstrichen. Wir können daher an dieser Stelle nicht allen einzeln danken, versuchen aber stellvertretend einige zu nennen, die in ganz besonderem Maße substanzielle Beiträge zu Organisation und Bauausführung geleistet haben: die Forstbehörden, speziell die Vertreter des Forstamts Neureichenau in Verbindung mit dem staatlichen Hochbauamt Passau, welche die Planung vorbereitet und das Baumaterial finanziert haben, der Gemeinde Hinterschmiding mit Heinrich Lenz als Bürgermeister an der Spitze, dem Klerus mit Pfarrer Josef Huber vor Ort, dem Amt für Denkmalschutz, dem Arbeitsamt Waldkirchen, sowie weiteren Beratern in Planungsdingen.

Ein herzliches Vergelt’s Gott auch den mittlerweile fast 150 Mitgliedern des Vereins, die mit ihrem Jahresbeitrag ebenso wie zahlreiche Geld- und Sachspender zur finanziellen Absicherung der Restaurierungsarbeiten beigetragen haben. Aus der langen Reihe engagierter Handwerker, die bei der Sanierung aktiv tätig gewesen sind seien (stellvertretend für alle) Hans Reichenberger aus Fürholz genannt, der nicht weniger als 291 (!) Arbeitsstunden für Gottes Lohn erbrachte sowie Lothar Krückl aus Hinterschmiding, der als Verpflichteter der Gemeinde sicherlich ebenfalls Überdurchschnittliches geleistet hat. Der Kapellenverein ist dankbar für die vielen unentgeltlich erbrachten Handgriffe und gespendeten Beträge, welche in ihrer Gesamtheit erst zur Erhaltung dieses sakralen Kleinodes beitragen.<

Quellen

Zu danken haben wir speziell Herrn Paul Praxl aus Waldkirchen, Kreis-Archivpfleger des Landkreises Freyung-Grafenau für substantielle Hinweise zu historischen Daten, des weiteren Herrn Norbert Madl aus Obernzell, der uns großzügig Einblick in die Unterlagen seiner ortsgeschichtlichen und genealogischen Nachforschungen gewährt hat. Frau Ingeborg Seyfert aus Lindberg danken wir für Archivhinweise und Unterlagen, ebenso Herrn Erhard Kreuß aus Harsdorf, der uns Aufzeichnungen über Glashüttengründungen zur Verfügung gestellt hat.

Frau Franziska Hackl aus Sonndorf, Herr Hans Reichenberger aus Fürholz, Herr Friedrich Herzinger, Frau Stilla Stadlbauer und Herr Ludwig Moritz, beide aus Herzogsreut haben uns mit mündlichen Auskünften unterstützt. Herrn Altlandrat Franz Schumertl danken wir für die Reproduktion historischer Fotos, Herrn FOA Norbert Wurm aus Neureichenau für Kopien von Urkunden.

Literatur

1. Paul Praxl: Die Geschichte des Wolfsteiner Landes, in: Der Landkreis Freyung-Grafenau. Hrsg. Landkreis Freyung-Grafenau. 1982

2. Joseph Maria Ritz: Kunstdenkmäler von Niederbayern XXIII, Bezirksamt Wolfstein . Nachdruck der Ausgabe München 1931, Oldenbourg Verlag München Wien 1983.

3. Norbert Madl: Die Geschichte von Schwendreut (unveröffentlichtes Manuskript).

4. Ernst Dorn: Herzogsreut, Philippsreut. Zwei Seelsorgesteilen im Hinteren Bayrischen Wald. Hrsg. Gemeinde Philippsreut. Dorfmeister Druck, Tittling 1989.

5. Ingeborg Seyfert: Schwendreut: ein verlassenes Dorf im Bayrischen Wald. Schöner Bayrischer Wald Heft 46, 1985

6. Brandprotokolle aus der Feuerwehrchronik Grainet (August Bothschafter )

7. Paul Praxl: Buchbesprechung zu Richard Schirmers „Leopoldsreut“. Ostbayr. Grenzmarken. Passauer Jahrbuch für Geschichte, Kunst und Volkskunde 7 (1965).